Umgebungslicht ausblenden oder einbeziehen: Die Vorgehensweise beim Einsatz von Blitzlicht lässt sich auf zwei Situationen herunterbrechen. Wie man Kamera und Blitz entsprechend einstellt, erläutere ich in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Crashkurs: Blitzen mit und ohne Umgebungslicht
Bei geblitzten Aufnahmen setzt sich die Belichtung aus der Belichtung auf das Umgebungslicht und der Belichtung auf das Blitzlicht zusammen. Das Praktische: In vielen Fällen lassen sich beide Belichtungen getrennt voneinander einstellen. Über die Belichtung auf das Umgebungslicht bestimmt man, in welchem Maß der Hintergrund im Bild sichtbar sein soll. Das Blitzlicht sorgt dafür, dass das Motiv im Vordergrund richtig belichtet wird.
Die Einstellung auf das Umgebungslicht verdient besonderes Augenmerk. Es besteht nämlich nicht nur die Möglichkeit, das vorhandene Licht einzubeziehen und so den Hintergrund ansprechend zur Geltung bringen. Ebenfalls ist es möglich, das Umgebungslicht komplett auszublenden und nur mit dem Blitzlicht zu arbeiten. Wie man die Kamera je nach Anwendungsfall hinsichtlich der Belichtungsparameter Blende, Verschlusszeit und ISO-Wert einstellt und was es zu beachten gilt, wenn man im zweiten Schritt den (entfesselt betriebenen) Aufsteckblitz hinzunimmt, erläutere ich im Folgenden – in Theorie und Praxis.
Die Ausführungen basieren auf den Erläuterungen im Buch „Just one Flash! Tolle Fotos mit nur einem Blitz“ von Tilo Gockel, Heidelberg: dpunkt.verlag 2015. Das Kapitel Quickstart, das die beiden Anwendungsfälle am Beispiel zweier Shootings vorstellt, ist auf der Verlagswebsite als kostenlose Leseprobe (PDF) verfügbar.
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Fall 1: Umgebungslicht ausblenden
In aller Kürze: Belichtung nur mit Blitzlicht
- Kamera im M-Modus einstellen: Schwarzschuss aufnehmen (bei ausgeschaltetem Blitz)
- Blitz hinzunehmen: Blitzenergie manuell einstellen oder im TTL-Modus automatisch bestimmen und einstellen lassen
Wenn das Tages- oder Raumlicht nicht zu hell ist, besteht die Möglichkeit, es komplett auszublenden und nur mit dem Blitzlicht zu arbeiten. Man kann dann auf der grünen Wiese beginnen, eigenes Licht zu setzen. Am besten gelingt das, wenn man den Blitz entfesselt betreibt.
Damit die Belichtung ausschließlich über das Blitzlicht erfolgt, stellt man die Kamera im manuellen Modus (M-Modus) so ein, dass das (eventuell störende und/oder unvorteilhafte) Umgebungslicht nicht mehr im Bild zu sehen ist:
- Als Belichtungszeit wählt man die Blitzsynchronzeit – zuzüglich einen Puffer für eventuelle Auslöseverzögerungen beim Einsatz funkentfesselter Blitze. Man landet regelmäßig im Bereich von 1/125 bis 1/200 Sekunde.
- Die Blende stellt man entsprechend der gewünschten Schärfentiefe ein.
- Den ISO-Wert wählt man so klein wie möglich und so hoch wie nötig. Man wägt ab zwischen geringem Rauschen (kleiner ISO-Wert), Blitzentlastung (größerer ISO-Wert) und dem Wunsch, das Raumlicht zu unterdrücken (kleiner ISO-Wert).
Kurz erklärt: Blitzsynchronzeit
Bei der Blitzsynchronzeit handelt es sich um die kürzeste Verschlusszeit, für die eine Kamera den Blitzeinsatz zulässt – Blitz-Betriebsarten wie etwa Kurzzeitsynchronisation (High-Speed Sync) außer Acht gelassen. Bei der OM-System OM-1 z.B. liegt die Synchronisationszeit bei 1/250 Sekunde. Ist die Belichtungszeit kürzer, gibt die Verschlussmechanik den Sensor zu keinem Zeitpunkt mehr vollständig frei. Der Blitzeinsatz hätte einen schwarzen Balken im Bild zur Folge.
Nun macht man eine Testaufnahme ohne Blitz und kontrolliert, ob das Umgebungslicht wirkungsvoll unterdrückt ist (Schwarzschuss). Ist noch zu viel Umgebungslicht sichtbar, sind die Werte für Blende, Belichtungszeit und ISO nachzujustieren. Wenn die Belichtung stimmt, nimmt man den Blitz hinzu.
Spiegellose Systemkameras: Belichtungssimulation ausschalten
Hinweis: Spiegellose Systemkameras zeigen sowohl im elektronischen Sucher (EVF) als auch auf dem Display die aus den Belichtungseinstellungen resultierende Helligkeit der späteren Aufnahme als Live-Vorschau an. Bei den oben gewählten Belichtungseinstellungen ist das Bild dunkel – wodurch sich das Fotografieren entsprechend schwierig gestaltet. Abhilfe schafft man, indem man die Belichtungssimulation der Kamera (je nach Hersteller auch Belichtungsvorschau oder Live-View genannt) deaktiviert. Dadurch wird das angezeigte Live-Bild künstlich aufgehellt. Bei der OM-System OM-1 ist der simulierte optische Sucher (S-OVF) zu aktivieren (Zahnrad-Menü 3: Live View > Kamera LV-Modus).
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Fall 2: Umgebungslicht einbeziehen
In aller Kürze: Blitzlicht und Umgebungslicht
- Kamera im M-Modus einstellen: Auf das Umgebungslicht, sprich: den Hintergrund, belichten (bei ausgeschaltetem Blitz)
- Blitz hinzunehmen: Blitzenergie manuell einstellen oder im TTL-Modus automatisch bestimmen und einstellen lassen
Nicht viel komplizierter ist die Vorgehensweise, wenn man das vorhandene Licht einbeziehen und auf diese Weise den Hintergrund ansprechend im Bild sichtbar machen möchte. Was zu beachten ist: Um die Belichtung auf das Umgebungslicht und die Belichtung auf das Blitzlicht unabhängig voneinander einstellen zu können, darf das Motiv, in der Porträtfotografie das Gesicht des Models, nicht allein schon durch das Umgebungslicht korrekt belichtet sein – sonst könnte man kein Blitzlicht mehr hinzunehmen. Das Motiv sollte also im Schatten liegen.
Um die Belichtung auf das Umgebungslicht einzustellen, orientiert man sich an der Belichtungsmessung der Kamera (Belichtungswaage). Für mehr Dramatik, und um den Blick auf das Motiv zu lenken, belichtet man den Hintergrund etwas unter, z.B. um einen Lichtwert (EV). Die Parameter Blende, Belichtungszeit und ISO-Wert stellt man manuell (M-Modus) ein und geht dabei wie folgt vor:
- Die Blende stellt man entsprechend der gewünschten Schärfentiefe ein.
- Die Belichtungszeit wählt man so lange wie nötig, aber noch so kurz, dass weder Verwacklungs- noch Bewegungsunschärfe auftreten. Man landet bei Werten zwischen 1/60 und 1/200 Sekunde (Blitzsynchronzeit). Je kürzer, desto besser.
- Den ISO-Wert wählt man so hoch wie nötig, aber so niedrig, dass er hinsichtlich des Rauschens noch vertretbar ist. Je niedriger, desto besser.
Nun macht man einen Probeschuss ohne Blitz und kontrolliert das Ergebnis. Wenn nötig, justiert man die Werte für Blende, Belichtungszeit und ISO nach. Stimmt die Belichtung, nimmt man den Blitz hinzu.
Letzte Einstellgröße: Blitzlicht hinzunehmen
Nachdem die Belichtungseinstellung auf das Umgebungslicht abgeschlossen ist, bleibt die Blitzenergie als einzige Größe übrig, die es einzustellen gilt. Der Blitz wird im manuellen Modus betrieben.** Man beginnt im mittleren Bereich, etwa bei 1/8 der Blitzenergie, und macht eine Probeaufnahme.
Das Ergebnis beurteilt man anhand des Displays, des Histogramms und der Übersteuerungswarnung (Blinkies). Falls erforderlich, justiert man die Blitzstärke nach – wird der Blitz entfesselt betrieben, kann man auch mit dem Abstand zum Motiv spielen. Sollen weitere entfesselte Blitzgeräte zum Einsatz kommen, nimmt man diese nach und nach einzeln hinzu und kontrolliert deren Wirkung.
** Alternativ betreibt man den Blitz im TTL-Modus, in welchem die Blitzleistung automatisch bestimmt und eingestellt wird. Falls die Automatik daneben liegt, greift man per Blitzbelichtungskorrektur (FEC) ein.
Tipp: Entfesselt blitzen mit Lichtformer
Betreibt man den Aufsteckblitz entfesselt, stellt man ihn auf einen Abstand, auf dem er die Szene gut ausleuchtet, aber dennoch möglichst nah am Motiv steht. Kommt ein Lichtformer zum Einsatz, z.B. eine Softbox oder ein Durchlichtschirm, zieht man am Blitzgerät die Streuscheibe aus. Dadurch stellt sich der interne Reflektor im Blitz automatisch auf die kleinste Brennweite, so dass der Lichtformer möglichst gleichmäßig ausgeleuchtet wird.
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